Vertragszwang und Vertragsfreiheit im Recht der Arbeit von der Frühen Neuzeit bis in die Moderne

Thorsten Keiser

Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 278
Frankfurt am Main: Klostermann 2012. XVIII, 480 S.

ISSN 1610-6040
ISBN 978-3-465-04179-5


Die Unterscheidung zwischen Freiheit und Sklaverei gehört zu den grundlegenden Dichotomien der Rechtsgeschichte, wenn es um menschliche Arbeitskraft geht. Die vorliegende Studie widmet sich der Ebene dazwischen, indem sie die Frage nach Freiheit und Zwang in Dienstverhältnissen vertraglich gebundener Arbeitskräfte stellt. Untersucht wird vor allem die in vielfältige statusgebundene Normenbereiche zersplitterte Welt der Handwerker, Dienstboten, Tagelöhner und Fabrikarbeiter. Entscheidendes Kriterium für deren Autonomiepotentiale sind Chancen auf repressionsfreien Marktzugang und die Gleichstellung als Vertragspartner. Beides wurde durch obrigkeitliche Normen unterdrückt. Umfassende Zugriffsmöglichkeiten von Dienstherrn auf die Arbeitskraft ihrer Untergebenen zählten zu den Gemeinwohlvorstellungen der Frühen Neuzeit. Bei Nichterfüllung drohten polizeiliche Sanktionen und Strafen. Solche Vorschriften standen in Wechselwirkung mit einem Normenkorsett, das soziale und physische Mobilität körperlich arbeitender Menschen zu unterbinden suchte. Dieses wird hier im Dialog mit sozialgeschichtlichen Forschungsergebnissen analysiert. Zutage tritt dabei ein „Recht der Arbeit“, das über Jahrhunderte stabil und auch von den Akzentverschiebungen der „Sattelzeit“ weitgehend unversehrt blieb. Erzählt wird hier eine Geschichte der Befreiung der Dienstverträge aus paternalistisch-polizeilichen Bindungen, die mit dem (vielleicht zu) späten Triumph einer gleichheitsorientierten Privatrechtsidee im 20. Jahrhundert endet.

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