Das Recht der Roma und Sinti.
Ein Beispiel autonomer Rechtsschöpfung

Walter Otto Weyrauch

Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 154
Frankfurt am Main: Klostermann 2002. VII, 192 S.

ISSN: 0175-6532
ISBN: 3-465-03203-9


Roma und Sinti haben Indien vor ungefähr tausend Jahren verlassen. Ihre Sprache ist dem Sanskrit verwandt. Ihre Rechtsordnung, die durch interne Gerichte (Kris) oder Ältestenräte durchgesetzt wird, beruht auf mündlicher Überlieferung. Sie bezweckt, einen Zustand der Ausgeglichenheit und Reinheit herzustellen und zu schützen. Zwischen Sitte und Recht ist hierbei nicht zu unterscheiden. Die Roma werden in vielen Ländern als fremdartig empfunden und verfolgt. Verhaltensweisen, die bei der Mehrheitsbevölkerung geduldet werden, werden oft verfolgt, wenn es sich um Roma handelt. Dabei liegt in vielen Verbrechensarten, zum Beispiel in allen Gewaltverbrechen, die Kriminalität der Roma unter derjenigen der Gesamtbevölkerung. Zu der schwersten Verfolgung der Roma und Sinti kam es zur Zeit des Nationalsozialismus.

Eine vergleichende Studie des Rechts der Roma und Sinti zeigt, daß es auch in westlichen Nationen ungeschriebene Rechtstraditionen gibt, die parallel zum staatlichen Recht laufen. Diese autonomen, ungeschriebenen Überlieferungen sind faktisch wirksam, obwohl sie durch das geschriebene Recht überschattet werden. Es wird die Auffassung vertreten, daß das geschriebene Recht ohne diese mündlichen Rechtstraditionen nicht auskommen kann. Ihr Studium ist daher von theoretischer und praktischer Bedeutung.

Go to Editor View