Die Abwicklung von Staatsbankrotten im Völkerrecht.
Verrechtlichung und Rechtsvermeidung zwischen 1824 und 1907

Lea Heimbeck

Studien zur Geschichte des Völkerrechts 28
Baden-Baden: Nomos 2013. X, 277 S.

ISBN 978-3-8487-0440-8


Staatsbankrotte stellten im 19. Jahrhundert Staatenpraxis und Völkerrechtswissenschaft vor große Herausforderungen. Ihre Abwicklung ließ völkerrechtliche Normen entstehen, zeigte vielfach aber auch die politischen Grenzen rechtlicher Regulierungen. Im Fokus dieser Untersuchung stehen vier Fallstudien: Griechenland (1824-1878), Ägypten (1862-1904), das Osmanische Reich (1854-1907) sowie Venezuela (1902-1907). Während das 19. Jahrhundert in der Völkerrechtsgeschichte als Zeitalter des Positivismus charakterisiert wird, zeigt die Abwicklung von Staatsbankrotten, dass Akteure Recht als Ordnungsmittel vielfältig nutzten. Es sind insbesondere zwei Phänomene zu beobachten: die Verrechtlichung und die Rechtsvermeidung. Die Arbeit identifiziert drei Rechtsphasen der Abwicklung von Staatsbankrotten und ihrer Widerspiegelung in der Völkerrechtsordnung. Am Anfang stand eine Phase der überwiegenden Rechtsvermeidung (ca. 1820-1880). Sodann instrumentalisierten Völkerrechtler oftmals Ereignisse aus der Staatenpraxis für ihre Zwecke, insbesondere die Erweiterung des Völkerrechtsregimes (ca. 1880-1910). Schließlich erfolgte eine begrenzte Kodifikation (ca. 1902-1907). Eine internationale Insolvenzordnung wurde (bewusst) nicht geschaffen, lediglich einzelne völkerrechtliche Institute. Besonders interessant ist, wann, wie und warum Völkerrecht nicht entstand und Akteure auf andere rechtliche oder politische Ebenen zur Konfliktlösung auswichen. Umso bedeutender scheint daher, dass die Frage der Abwicklung von Staatsbankrotten das einzige generelle Gewaltverbot im Völkerrecht generierte: die Drago-Porter-Konvention.

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