Transnationales Strafrecht in transatlantischer Perspektive (1870-1945)

Forschungsprojekt

Ein Dialog zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden

Das von Valeria Vegh Weis und Karl Härter geleitete Projekt erforscht die transatlantische Dimension des transnationalen Strafrechts anhand der einschlägigen Beziehungen und Aktivitäten europäischer und lateinamerikanischer Akteure für dessen formative Periode 1870 bis 1945. Transnationales Strafrecht manifestierte sich in bi- und multilateralen Vereinbarungen und Verträgen, aber auch in nationalen Strafgesetzen sowie in internationalen juristisch-politischen Diskursen. Es behandelte zahlreiche Formen internationaler, grenzübergreifender Verbrechen und manifestierte sich in spezifischen grenzüberschreitenden Verfahren und Praktiken an denen mehrere Staaten, Institutionen oder Akteure beteiligt waren, von internationaler Rechtshilfe und Auslieferung bis zu Polizeikooperation und Ausweisung. Diese Transnationalisierung von Strafrecht basierte auch auf der internationalen Wissenszirkulation von Recht, Bestimmungen, Prinzipien und Ideen einer Vielzahl internationaler Akteure und Organisationen, darunter Imperien, Nationalstaaten und Regierungen, aber auch semi- und nicht-staatliche Akteure, Expert*innen und Praktiker*innen (Juristen, Polizeioffiziere usw.).

Seit dem späten 19. Jahrhundert waren auch Staaten und Expert*innen an diesen Entwicklungen beteiligt, und zwar nicht nur als Rezipienten europäischen Wissens, sondern auch als wichtige Akteure, die ihre spezifischen Interessen an transnationalem Strafrecht und transatlantischer Interaktion einbrachten. Davon ausgehend, fokussiert das Projekt auf die historische Rolle des globalen Südens bzw. Lateinamerikas um die transatlantische Dimension der Transnationalisierung des Strafrechts seit dem 19. Jahrhundert bis hin zu aktuellen Problemlagen der global governance von Kriminalität zu erforschen.

Das Projekt untersucht insbesondere Rechtshilfe, Auslieferung und Asyl, transnationale Polizeikooperationen sowie internationale Kongresse und Organisationen, die als transnationale Strafrechtsregime konzeptualisiert werden, die sich zwischen 1870 und 1945 in unterschiedlichen Ausprägungen formierten. Sie bearbeiteten und beschäftigten sich meist mit grenzübergreifenden Kriminalitätskomplexen wie Sklaven-, Frauen- und Drogenhandel, Schmuggel, Piraterie, politische Gewalt und illegale Migration, die als trans- oder internationale Verbrechen kriminalisiert bzw. etikettiert wurden, weil sie mehr als einen Staat/Jurisdiktion bedrohten und eine transatlantische Dimension aufwiesen. Die Analyse verwendet daher theoretische Konzepte wie Strafrechts- und Sicherheitsregime, Kritische Kriminologie und criminal selectivity sowie global legal history.

Das Teilprojekt von Valeria Vegh Weis erforscht die ‘Valeria Vegh Weis' subproject explores the The transnational criminal law regime on women trafficking (1870–1921): a transatlantic perspective on criminal selectivity’.

Das Forschungsprojekt wurde im Mai 2019 auf dem Workshop ‘Transnational Criminal Law in Transatlantic Perspective (1870-1945): Towards a dialogue between the Global North and the Global South‘ präsentiert und diskutiert.

Zur Redakteursansicht