Recht und Diversität – rechtshistorische Perspektiven
Querschnittsthema
Die Spannungen zwischen Gleichheit und Ungleichheit als Gerechtigkeits- und Verteilungsprinzipien sowie zwischen allgemeiner und Einzelfallgerechtigkeit dürften zu den Grunderfahrungen jeder normativen Ordnung zählen. Sie haben ihre Konjunkturen. Die Rechtsgeschichte zeugt davon – und von immer neuen Versuchen, diese Spannungslagen durch institutionelle Arrangements und besondere Schutzregime aufzuheben.
Das kontinentaleuropäische Rechtssystem beruht auf dem Prinzip der Gleichheit. Doch wird heute verstärkt danach gefragt, wie dieses gleichheitsbasierte System auf die zunehmenden Forderungen reagiert, individuelle und kollektive Sonderlagen stärker zu berücksichtigen. Diese Fragen werden in der Debatte um kulturelle Diversität diskutiert, aber auch im Kampf um die Begründung von Differenzierungen ökonomischer und sozialpolitischer Natur. Zum Teil werden ganz konkrete Veränderungen im materiellen Recht oder im Verfahrensrecht gefordert. Nicht selten wird sogar gezweifelt, ob und wie lange unser gleichheitsbasiertes Rechtssystem überhaupt in der Lage ist, diesen Herausforderungen zu entsprechen, ohne sich in seinen Grundstrukturen selbst zu verändern.
Damit ist jedoch nur eine allgemeine Konstellation beschrieben. In welchen sozialen Dimensionen das Spannungsverhältnis von Gleichheit und Ungleichheit hervortrat und welche rechtlichen Lösungen oder Lösungsversuche es hervorbrachte, ist von Land zu Land unterschiedlich. Im Querschnittsthema „Recht und Diversität“ sollen Beiträge aus verschiedenen europäischen und lateinamerikanischen Ländern diese Mannigfaltigkeit verdeutlichen und zugleich einen Vergleich ermöglichen. Diesem Zweck dienen Workshops, in denen die verschiedenen Perspektiven diskutiert werden. Auf dieser Grundlage sollen dann Sammelbände zu folgenden Themenbereichen publiziert werden: Grundfragen, Öffentliches Recht, Zivilrecht, Strafrecht.