CfP zum Workshop „Normative Strukturen der industriellen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert“

Call for Papers

9. Februar 2022

CfP zum Workshop „Normative Strukturen der industriellen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert“ am 26./27. September 2022

Seit Beginn der Industrialisierung hat die Regulierung von Arbeitsprozessen und Arbeitsbedingungen einschneidende Veränderungen erfahren. Die Verlagerung der Produktion in Industriebetriebe stieß neue Regelungsaktivitäten an, die vor allem der Sicherung eines reibungslosen Betriebsablaufes dienten. Zugleich etablierten sich neue Organisationsformen der Aushandlung von Löhnen und Arbeitsbedingungen. Diese Themen sind ausführlich in der Wirtschafts-, Sozial- und Regionalgeschichte diskutiert worden. Gegenstand waren beispielsweise die Entwicklung der Fabrikdisziplin, die Tarifgeschichte, aber auch die Entstehung von Strukturen betrieblicher Wohlfahrt.

In dem geplanten Workshop sollen diese disziplinären Perspektiven in einen Dialog mit neuen rechtshistorischen Ansätzen gebracht werden. Im Unterschied zu traditionellen Zugangsweisen beschränken sich diese Ansätze nicht auf die Untersuchung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft, sondern lenken den Blick auf „Normativitätsregime“, verstanden als Arrangements von Normen, Diskursen und Praktiken (Abteilung 2 und Blogbeitrag "Historical Regimes of Normativity"). Das Normenverständnis umfasst dabei nicht nur staatliches Recht, sondern auch Konventionen, Legitimationsnarrative und von nichtstaatlichen Akteuren geschaffene Regelwerke, z. B. Tarifverträge, Arbeitsordnungen und andere inner- und überbetriebliche Regelungen. Derartige Normativität konnte Ergebnis autoritativer Setzung, aber auch komplexer Aushandlungsprozesse sein; oft wirkte beides zusammen. Die daraus resultierenden normativen Strukturen entstanden und entwickelten sich in bestimmten arbeitskulturellen Kontexten, wiesen oft regionale Eigenheiten auf und waren nicht selten durch überregionalen Austausch geprägt.

In dem geplanten Workshop sollen diese normativen Strukturen in ihren konkreten Ausprägungen und in übergreifenden Aspekten präsentiert und diskutiert werden. Generell gilt es zu fragen: Mit welchen Normarten und -ebenen hat man es zu tun? Wer waren die maßgeblichen Akteure? In welchem Verhältnis standen „Formalität“ und „Informalität“? Welche Institutionen der Normsetzung und Konfliktlösung spielten eine Rolle?

Mögliche Themenbereiche sind:

  • Normative Strukturen der industriellen Beziehungen in Unternehmen
  • Normative Strukturen der industriellen Beziehungen in Wirtschaftsbranchen
  • Regionale Ausprägungen/interregionaler Vergleich/interregionaler Transfer
  • Normative Kulturen auf Arbeitnehmerseite/auf Arbeitgeberseite
  • Arbeitgeber-/Arbeitnehmerorganisationen als Produzenten normativer Rationalitäten und/oder als Normsetzer und Normdurchsetzer
  • Formen der Verwissenschaftlichung und Professionalisierung

Das Forschungsinteresse der Forschungsgruppe, die diesen Workshop organisiert ("Nichtstaatliches Recht der Wirtschaft. Die normative Ordnung der Arbeitsbeziehungen in der Metallindustrie vom Kaiserreich bis in die frühe Bundesrepublik"), konzentriert sich auf das 19. Jahrhundert und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und den deutschsprachigen Raum. Willkommen sind aber auch Beiträge aus anderen sprachlichen wie geographischen Kontexten, vergleichende Arbeiten und Projekte, die über den zeitlichen Rahmen hinausreichen.

Die Tagung ist als Präsenzveranstaltung geplant. Die Reise- und Unterbringungskosten werden gemäß den Richtlinien der Max-Planck-Gesellschaft erstattet. Im Falle von Einschränkungen wegen des Fortgangs der Pandemie wird der Workshop in digitaler oder hybrider Form durchgeführt.

Interessenten werden gebeten, ihren Vorschlag mit max. 3500 Zeichen bis zum 31. März 2022 an collin@lhlt.mpg.de zu senden.

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