Römisch-Niederländisches Recht und die Welt des common law

Forschungsprojekt

Casebooks (Fallbücher) zum Vertragsrecht gibt es viele. Ein frühes Beispiel dafür, wie Gerichtsfälle und jene, die über sie schrieben, zur doktrinären Entwicklung beigetragen haben und so Rechtsänderungen initiierten, sind John Smith’s Leading Cases, erstmals veröffentlicht 1837. Andere folgten dem selben Format, indem sie einzelne Fälle auswählten, die sie zur Veranschaulichung der Grundprinzipien des common law als geeignet erachteten. Christopher Langdell, ein Pionier der Case Study Methode in Harvard, veröffentlichte 1871 Cases on the Law of Contracts; in Leading Cases in the Common Law aus dem Jahre 1966 untersucht Brian Simpson neun Fälle. Eine aktuellere Entwicklung ist die Edition von Sammlungen der  Landmark Cases in.... All diese genannten Texte stammen aus der Rechtspraxis des common law.

Das Projekt „Römisch-Niederländisches Recht und die Welt des common law“ leistet einen weiteren Beitrag zu dieser bereits etablierten Literaturform, allerdings mit einem neuen Ansatz. Anstatt die lineare Entwicklung des common law zu beschreiben, zu analysieren oder in Frage zu stellen, verwendet es eine vergleichende Methode. Untersucht werden Fälle, in denen sich die Jurisdiktion des Englischen Rechts mit denen des Römischen und des Römisch-Niederländischen Rechts berührte. Der Fokus liegt auf Schlüsselfällen des Vertragsrechts aus (Britisch-)Guyana und Sri Lanka (Ceylon). Diese kolonialen Rechtsprechungen werden traditionell als Empfänger von Ideen aus der Metropole des Empires gesehen. Obwohl beide Jurisdiktionen räumlich weit voneinander entfernt waren, verband sie der gemeinsame rechtliche Hintergrund. Sie vermischten Römisch-Niederländisches mit Englischem Recht, obwohl formell sowohl Guyana, als auch Sri Lanka im 19. Jahrhundert Teil des Britischen Empires waren.

Im Projekt werden daher nicht nur das Recht, das in den gemischten Jurisdiktionen in Guyana und Sri Lanka entstand, mit dem Englischen und dem Niederländischen Recht, sondern auch untereinander verglichen. Es wird danach gefragt, wie sich das Vertragsrecht in den jeweiligen Rechtsprechungen entwickelt hat. Was waren die konkurrierenden Einflüsse des Römischen Rechts, des Römisch-Niederländischen Rechts und des Englischen Rechts auf das jeweilige doktrinäre Denken? Die Studie zeigt wesentliche Rechtsentwicklungen auf und arbeitet Ähnlichkeiten und Unterschiede heraus, um letztendlich zu erklären, warum das Römisch-Niederländische Recht in einigen Jurisdiktionen fortbestand, während es in anderen an Bedeutung verlor.

So leistet das Projekt einen Beitrag zu den Debatten um die Relevanz von Kultur, Ethnizität und gesellschaftlichen Werten (und deren Beziehung zu rechtlichen Regeln), der Ausbildung und Sozialisierung juristischer Berufe, und der Verankerung des Richterrechts und der stare decisis (starren Entscheidung) als einem Werkzeug zur Erosion der Struktur des Zivilrechts.

Zur Redakteursansicht