Consilia-Sammlungen mittelalterlicher Juristen

Forschungsprojekt

Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts wurden die Gutachten im Original in der Regel vom Konsulenten eigenhändig unterzeichnet (manchmal wurden diese auch vollständig eigenhändig verfasst), mit dem Wachssiegel des Konsulenten versehen und als Brief an den Auftraggeber gesandt. Die hohe Zahl der erhaltenen Miszellenhandschriften von Consilia verschiedener Autoren liegt nahe. Das Projekt widmet sich in erster Linie den Consilia-Sammlungen einzelner Autoren, beschäftigt sich sowohl mit deren handschriftlicher Überlieferung als auch mit den gedruckten Ausgaben der Consilia-Sammlungen mittelalterlicher Juristen: Die von rechtshistorischer Seite noch weitgehend unerforschte Thematik des Übergangs von der Handschrift zum gedruckten Buch steht im Vordergrund der Untersuchungen. Es wurden insgesamt circa 50 Sammlungen mittelalterlicher Autoren, 26 davon im 15. Jahrhundert, gedruckt. Die Verlagspolitik bei der Drucklegung von Consilia-Sammlungen angesichts der Entwicklung des europäischen Büchermarktes war bereits – samt einer Bibliographie der Ausgaben des 15. Jahrhunderts – Gegenstand einer Studie (vgl. Legal Consulting 1999).

Wissenschaftlich war bisher ungeklärt, wie der Großteil der gedruckten Sammlungen entstand und in welcher Beziehung sie zur handschriftlichen Überlieferung der Consilia stehen. Die Vermutung, dass die Texte der Sammlungen einzelner Autoren in den ersten Druckausgaben von den Herausgebern aus verschiedenen Handschriften zusammengestellt wurden, beruht aber auf einer falschen Einschätzung der Lücken in der handschriftlichen Überlieferung. Nur einige Sammlungen aus dem 14. Jahrhundert sind durch eine breite handschriftliche Tradition überliefert. Andere hatten eine bescheidenere Verbreitung. Der Text vieler gedruckter Sammlungen ist aber in handschriftlicher Form nicht nachweisbar und war vermutlich vor der Drucklegung nicht verbreitet. Von einigen Autoren sind zwar handschriftliche Sammlungen erhalten, deren Inhalt aber von dem der Druckausgaben abweicht. Die Herausgeber benutzten in vielen Fällen das Autorenexemplar als Vorlage für die Druckausgabe – wie im Falle der eigenhändigen Handschrift des Cardinal Zabarellas – oder Abschriften davon. Bei den Autorenexemplaren der Consilia handelt es sich um die Sammlungen der Konzepte (transcriptio in ordine), die die Juristen zum eigenen Gebrauch, unter Mitarbeit auch ihrer Sekretäre, anlegten. Sie sind recht selten und nicht immer eindeutig als solche erkennbar (vgl. dazu Libri consiliorum 1995; Legal Consulting 1999), weil sie viele anonyme Texte (die Autoren unterschrieben nicht die eigene Konzepte) beinhalten, die nicht unbedingt eigenhändig verfasst sein müssen.

Vor kurzem wurde eine überwiegend eigenhändige transcriptio in ordine von Consilia aus dem dritten Quartal des 14. Jahrhundert entdeckt und veröffentlicht, nämlich die des berühmten Kanonisten Lapus de Castiglionchio senior (vgl. FS Ascheri 2014), die auch die älteste bisher bekannte Handschrift dieser Art darstellt. Eine Untersuchung der Praxis der eigenhändigen Unterschrift von Consilia und der Authentisierung der eigenen Textproduktion durch die gelehrten Juristen, zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert, ist Gegenstand eines 2019 bei SISMEL erschienenen Beitrags geworden.

Zur Redakteursansicht