Hanna Sonkajärvi: Konventionen, Koordination und Konflikt: Handelsjustiz in Brasilien in der Mitte des 19. Jahrhunderts

Frankfurter Rechtshistorische Abendgespräche

  • Datum: 15.04.2015
  • Uhrzeit: 18:00
  • Vortragende(r): Dr. Hanna Sonkajärvi
  • Universidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ)
  • Ort: Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte
  • Raum: Veranstaltungssaal des MPI
  • Gastgeber: Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte und das Institut für Rechtsgeschichte, Fachbereich Rechtswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Hanna Sonkajärvi: Konventionen, Koordination und Konflikt: Handelsjustiz in Brasilien in der Mitte des 19. Jahrhunderts

Gemeinsam mit dem Institut für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität Frankfurt knüpft das Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte ab dem Wintersemester 2014/2015 an eine Frankfurter Tradition an und lädt zu den Frankfurter Rechtshistorische Abendgespräche ein. Diese sollen in Zukunft jeweils zu Beginn und am Ende der Vorlesungszeit stattfinden und werden im Wechsel vom Institut für Rechtsgeschichte der Goethe Universität und dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte ausgerichtet.

Am 15. April 2015 um 18.00 Uhr wird Dr. Hanna Sonkajärvi, Universidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ) über "Konventionen, Koordination und Konflikt: Handelsjustiz in Brasilien in der Mitte des 19. Jahrhunderts" sprechen. Die Veranstaltung, zu der wir Sie herzlich einladen, findet im Vortragssaal des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte statt.

Der Vortrag resultiert aus einem laufenden Projekt zum Vergleich von Praktiken der Handelsjustiz in Rio de Janeiro und Bilbao zwischen 1750 und 1870. Das Projekt hat zum Ziel, die Justizorganisation anhand der Agency verschiedener am Handel beteiligter Akteure im Übergang von der Vormoderne zur Moderne zu untersuchen. Dabei richtet sich der Fokus auf Bankrottfälle, die eine Einbeziehung verschiedener Patron-Klient-Verhältnisse in die Analyse des Justizgeschehens und damit eine Reflexion über Konzepte der Ehre, des Vertrauens und des Vertrags ermöglichen, die in der einschlägigen Forschung gemeinhin als Grundlagen für den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Handelsbeziehungen betrachtet werden. Diese Konzepte strukturierten ihrerseits – so die Arbeitshypothese – maßgeblich die Kommunikation mit den zuständigen Gerichtsinstanzen sowie innerhalb der Handelsjustiz. Das Projekt versteht sich daher sowohl als eine Verwaltungsgeschichte der Justiz als auch als eine Sozial- und Kulturgeschichte (früh)moderner Händler. Im ersten Teil des Vortrags wird auf die Gründe eingegangen, warum ein Vergleich zwischen Rio de Janeiro und Bilbao sinnvoll erscheint und wie er durchgeführt werden soll. Wichtige methodische Impulse erhält dieser Vergleich vom französischen Konzept der ‚Économie (bzw. Sociologie) des Conventions’, das einen dritten, praxeologischen, Weg zwischen strukturalistischen und akteurszentrierten Ansätzen einschlägt. Im zweiten Teil des Vortrags werden erste Befunde des Projekts am Beispiel von Bankrottverfahren immediat nach der Einführung der brasilianischen ‚Código do Comercio’ (1850) präsentiert. In der Verfahrenspraxis zeigten sich erhebliche Probleme bei den Schlichtungsverfahren vor dem eigentlichen Gerichtsprozess sowie bei der Frage, was überhaupt einen Beweis darstellt. In diesen Verfahren scheint ein für die Vormoderne typisches Konzept der Ehre weiterhin eine große Rolle gespielt zu haben. Ob und inwiefern sich dieser besondere Stellenwert der Ehre auch im Rechtsdiskurs der Zeit widerspiegelt, wäre künftig noch zu klären.

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