Pragmatische Ursachenforschung in Italien
Band 339 der Studien zur europäischen Rechtsgeschichte erschienen
Guido Rossi beschäftigt sich in seinem neuen Werk mit einer für viele Rechtsgebiete grundlegenden und komplexen Kategorie: der rechtlichen Kausalität. Er zeigt auf, wie Juristen in Italien zwischen dem 14. bis 17. Jahrhundert das Problem der Verursachung verstanden und wie sich die entsprechenden Lösungsansätze in der Praxis entwickelten. Seine quellennahe und fallorientierte Untersuchung zieht vor allem Praktikerliteratur in Manuskripten wie gedruckten Werken heran, geht es ihm doch nicht um eine Geschichte des Konzepts, sondern um die Untersuchung seiner Anwendung.
Ausgangspunkt sind das prägende Kausalitätsschema des Bartolus de Saxoferrato (1314–1357) und der zentrale Begriff „ordinatio“. Was damit genau gemeint war, diskutiert Rossi anhand einer Vielzahl von decisiones und consilia. Die kluge Auswahl und feinsinnige Interpretation von diesen beiden genres entnommenen Fällen veranschaulicht die zeitgenössische Diskussion juristischer Autoritäten und die Argumentation von Richtern. Der Autor arbeitet heraus, dass das zunächst verwendete Konzept ordinatio im privatrechtlichen Diskurs bis in die Frühe Neuzeit herein grundsätzlich als Standardansatz beibehalten – aber verfeinert – wurde. Dagegen stellten es Strafrechtler schon bald in Frage, weil es für das Erfordernis des Vorsatzes keine hinreichende Erklärung mehr lieferte. Ein Blick auf das kanonische Recht, das für die Herausbildung rechtlicher Kausalität wenig einflussreich blieb, vervollständigt das Werk.
Guido Rossi, der an der Edinburgh Law School lehrt, ist Autor einer 2019 ebenfalls in dieser Reihe veröffentlichten Studie über „Representation and Ostensible Authority in Medieval Learned Law“.