Die Entstehung des Sozialen Privatrechts in Europa: ein Trialog
Band 327-1 der Studien zur europäischen Rechtsgeschichte ist erschienen
Mit dem Ersten Weltkrieg endete auch das Zeitalter der bürgerlich-liberalen Zivilrechtskodifikationen vom Code civil (1804) bis zum BGB (1900). Dem BGB war bereits früh vorgeworfen worden, ihm fehle ihm ein »Tropfen sozialistischen Öls«. Die Reformbedürftigkeit war in Frankreich und Italien (Codice civile, 1865) noch gegenwärtiger. Obwohl die Genese des kontinentaleuropäischen Sozialen Privatrechts von Deutschland, Frankreich und Italien geprägt worden war, ist der Diskurs zwischen den Rechtswissenschaftlern dieser drei Länder nun erstmals – im Rahmen trilateraler Konferenzen in der Villa Vigoni – untersucht worden.
Dieser erste von drei daraus entstandenen Bänden beschäftigt sich mit der Bedeutung, die der französisch-italienische Obligationenrechts-Entwurf von 1927 (Progetto di Codice delle obbligazioni e dei contratti – Projet de Code des obligations et des contrats) hat. 1916 konstituierte sich eine Arbeitsgruppe französischer und italienischer Zivilrechtswissenschaftler, die 1927 einen Gesetzentwurf für ein neues Obligationenrecht vorlegten. Die gemeinsame Rechtstradition scheint also stärker gewesen zu sein als politische Unterschiede. Im Deutschland der Zwischenkriegszeit stieß der Entwurf auf lebhaftes Interesse, denn längst war auch hier ein Reformdiskurs in Gang gekommen. Der französisch-italienische Entwurf scheiterte zwar schlussendlich. Er ist aber nicht in Vergessenheit geraten, wie dieser vielsprachige Band eindrücklich belegt.