Rechtswissenschaft als Versprechen auf Gleichberechtigung
Band 329 der Studien zur europäischen Rechtsgeschichte ist erschienen
Im Verlauf der jüdischen Emanzipation in Deutschland vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg entschieden sich viele jüdische Studenten für Rechtswissenschaft. Was mochten diese jungen Akademiker um 1850, 1880 oder 1910 überlegen, wenn es um ihre berufliche Zukunft ging? Sollten sie versuchen, im Staatsdienst, in der Richterlaufbahn, als Advokat erfolgreich zu sein, und welche Hindernisse waren gar auf dem Weg zu einer Stelle als Hochschullehrer zu überwinden? Welche Orientierungen innerhalb der Jurisprudenz gewählt wurden, beleuchten die Beiträge des Sammelbandes. Sie zeigen, dass eine Mischung aus Prägungen durch Elternhaus und Erziehung, Reaktionen auf akademische Zwänge, idealistischer Aufbruchsstimmung in eine sich öffnende Welt der Gelehrsamkeit und Neugier auf »moderne« Gebiete ausschlaggebend war. Der Grundton jener etwa drei Generationen war freiheitlich und international; sie fühlten sich angesprochen von den geschichtlichen Fächern, von Rechtstheorie, Rechtsvergleichung und Völkerrecht sowie Handelsrecht und Gesellschaftsrecht, nicht zuletzt auch vom neuen Arbeits- und Sozialrecht. Weil das Studium der Rechtswissenschaft ein freiheitliches Versprechen auf Gleichberechtigung enthielt, lassen sich die Beiträge des Bandes auch als Vorstudien zu einer verschränkten Geschichte von jüdischer Emanzipation und der Entstehung des säkularen Rechtsstaats in Deutschland zwischen 1850 bis 1933 lesen.