Rechtsgeschichte Südosteuropas
Abgeschlossenes Projekt
Die Rechtsgeschichte Südosteuropas ist zu einer exklusiven Domäne des Instituts geworden. Der Grundstein dazu wurde bereits in den 1970er Jahren mit der Erforschung der byzantinischen Rechtsquellen gelegt. Mir dem darauffolgenden "Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte", dessen dritter Band Südosteuropa gewidmet ist, sowie mit weiteren Forschungsprojekten, die ihren Schwerpunkt in Osteuropa hatten, wurde das Forschungsfeld sukzessive ausgebaut. Dabei wurden wissenschaftliche Netzwerke im In- und Ausland geschaffen, die das Institut auch in Zukunft zu einem Mittelpunkt wissenschaftlicher Expertise auf diesem Feld machen werden.
Die Geschichte und Gegenwart Südosteuropas ziehen Forschungsinteressen und -methoden verschiedener Art an. Zunehmend wird eine regional noch vorherrschende Nationalgeschichte von Komparatistik, Kulturgeschichte, historischer Anthropologie, histoire croisée, Transferstudien etc. verdrängt, die jedwede nationale Exklusivität und Emphase in Frage stellen und die historische Kontingenz kultureller Identitäten aufzeigen. Das MPIeR erforscht im Anschluss an interdisziplinäre Fragestellungen und Methoden den Prozess der Formierung nationaler Rechtsordnungen in den Ländern Südosteuropas, die aus dem Osmanischen Reich hervorgegangen sind. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt in der von der Rechtsgeschichte im In- und Ausland bislang fast unbeachteten osmanischen Geschichte der Region. Es wird dabei sowohl die Spezifik und Bedeutung des islamisch geprägten Rechts- und Herrschaftsmodells des Osmanischen Reiches als auch das Zusammenleben verschiedener religiöser und ethnischer Gemeinschaften in der Region untersucht. Der zeitliche Rahmen umfasst das 18., 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Damit wird zum ersten Mal die Evolution moderner Rechtssysteme in Südosteuropa als historischer Prozess in einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren, in seinen strukturellen Voraussetzungen, Formen und Konsequenzen erforscht. Im Mittelpunkt steht dabei die generelle Frage: Wie ist fremdes Recht in einem kulturell und strukturell verschiedenen Gesellschaftskontext möglich? Rechtstransfer stellte in Südosteuropa den Motor einer forcierten Modernisierungspolitik dar, die sowohl das zerfallende Osmanische Reich als auch die einzelnen neu entstehenden Staaten auf den Stand Westeuropas bringen sollte. Der Weg dazu führte über Staat, Verfassung, Gesetze, Recht. Das Recht erschien gleichsam als ein notwendiges, wenngleich nicht ganz passendes Korsett, welches die damals noch vorwiegend sozial, religiös und ethnisch verfassten Gesellschaften Südosteuropas à jour bringen sollte.
Projektgruppen im Ausland
- Projektgruppe Bulgarien, Leitung: Jani Kirov, Frankfurt am Main
- Projektgruppe Griechenland, Leitung: Prof. Dr. Theodora Antoniou, Athen
- Projektgruppe Rumänien, Leitung: Dr. Oana Ritzescu, Bukarest
- Projektgruppe Türkei, Leitung: Prof. Dr. Fikret Adanir, Istanbul; Prof. Dr. Rossitsa Gradeva, Sofia