Digitalität, Daten, Digital Humanities

21. Oktober 2019

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft beeinträchtigt das Leben ihrer Mitglieder in einem immer stärker zunehmenden Maße. Das gilt auch für die geisteswissenschaftliche Forschung: Nicht nur funktionieren heutzutage die meisten Forschungsabläufe – von der Recherche über den innerfachlichen Austausch bis hin zur fertigen Publikation – auf digitale Art und Weise, darüber hinaus verändern sich auch Methoden und Untersuchungsobjekte. Im Rahmen der Nachwuchstagung „Digitalität, Daten, Digital Humanities“, die vom 18.09. – 20.09.2019 an der Humboldt-Universität zu Berlin am Institut für deutsche Literatur stattfand, erörterten Nachwuchswissenschaftler Potenziale und Grenzen digitaler Methoden in den Geisteswissenschaften. Neben Historikern und Literaturwissenschaftlern, die sich schon seit einigen Jahren mit dem sogenannten „close reading“ von Texten beschäftigen, nahmen auch Musikwissenschaftler, Philosophen und Ökonomen teil, sodass sich eine anregende interdisziplinäre Perspektive ergab.

Das Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte war in der Person von Anselm Küsters vertreten, der sich im Rahmen des Forschungsfeldes „Rechtsgeschichte der Europäischen Union“ mit der Geschichte des europäischen Wettbewerbsrechts beschäftigt. Ziel seiner Doktorarbeit ist es, den Einfluss verschiedener ökonomischer Doktrinen zu klären, indem bisher unberücksichtigtes Quellenmaterial und eine innovative Methodik in die wissenschaftliche Debatte eingebracht werden. In seinem Vortrag im Rahmen der Tagung stellte Anselm das zweite Kapitel seiner Doktorarbeit vor, dass die ordoliberale Wettbewerbsschule aus einer historischen und biographischen als auch aus einer quantitativen Perspektive heraus analysiert. Um die Fülle an semantischen Daten, die ordoliberale Wissenschaftler in Form von Aufsätzen und anderen Publikationen hinterlassen haben, zu bewerten, können verschiedene Text-Mining-Techniken verwendet werden. Diese Techniken basieren auf der Annahme, dass die Häufigkeit bestimmter Wörter und ihr Zusammenspiel in einem Korpus zuverlässige Indikatoren für die unterschwelligen Themen, Gefühle und Diskurse bilden. In seinem Vortrag erläuterte Anselm, wie man ein sogenanntes Structural Topic Model basierend auf allen in ORDO publizierten Artikel schätzen kann. Die Ergebnisse ermöglichen es, ordoliberale Wettbewerbspolitik zu definieren, die wichtigsten Themen, Konzepte und Personen dieser Schule zu identifizieren und deren Bedeutungswandel im Lauf der Zeit zu visualisieren.

Die Veranstaltung wurde durch die Programmlinie „Stipendiaten und Stipendiatinnen machen Programm“ der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert. Ein besonderer Dank geht an die drei Organisatorinnen Sophie König (Hamburg), Johanna Steiner (Rostock) und Lydia Rammerstorfer (Berlin), die ein diverses Programm zusammenstellten und bereichernde Diskussionen ermöglichten.

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