Jagdrecht, Wilderei und ‚gute Policey’

Normen und ihre Durchsetzung im frühneuzeitlichen Tirol

Martin P. Schennach

Studien zu Policey und Policeywissenschaft
Frankfurt am Main: Klostermann 2007. VII, 340 S.

ISSN 1612-7730
ISBN 978-3-465-04023-1


Das Jagdrecht und die unbefugte Jagdausübung (Wilderei) wurden von jüngeren Forschungen zur guten Policey nur am Rande thematisiert, wenngleich eine Vielzahl von Faktoren für die Zurechnung zum materiell umfassenden Bereich der „guten Policey“ sprechen. Eine Besonderheit, die der Regelungsgegenstand „Jagd“ mit der Forstgesetzgebung teilt, bleibt aber deutlich greifbar: die Konfliktanfälligkeit. Während in anderen Bereichen des Policeyrechts zwischen Landesfürsten, Landständen und Normadressaten ein grundsätzlicher Konsens über das anzustrebende Regelungsziel bestand und der „gemeine Nutzen“ unwidersprochene Leitkategorie der legislativen Tätigkeit war, zeigt sich beim Jagdrecht ein klarer Interessengegensatz zwischen Landesfürst und ländlicher Bevölkerung. Die auf das 16. Jahrhundert fokussierte Untersuchung legt dar, wie die habsburgischen Landesfürsten durch zunehmende Betonung des Regalitätscharakters der Jagd andere Jagdgerechtigkeiten – vor allem der bäuerlichen Bevölkerung – nivellieren wollten. Dies sorgte gerade (aber nicht nur!) in den Jahrzehnten vor dem Bauernkrieg für erhebliche Spannungen. Die landesfürstlichen Ansprüche stießen jedoch noch während des gesamten 16. Jahrhunderts auf deutliche Grenzen, wie die Gegenstrategien der Betroffenen beweisen. Der normative Rahmen wird nicht allein anhand der inhaltlichen Entwicklung in Themenbereichen wie Hundehaltung, Zaunerrichtung, Waffenführung oder eben Wilderei abgesteckt. Ebenso richtet sich der Blick auf spezifische Initiativen, Interessen und Einflussmöglichkeiten maßgeblicher Gruppen (wie z. B. der Landstände, Zentralbehörden oder Jagdorgane) im Zuge des Gesetzgebungsprozesses. Der Frage der Sanktionierung von Wilderei wird mit der Untersuchung von Zuständigkeiten, Verfahren, verhängten Strafen und Strafbemessungsgründen nachgegangen. Dabei zeigt sich, dass die massiven Strafverschärfungen auf normativer Ebene in der Rechtspraxis des 16. Jahrhunderts nahezu keinen Niederschlag fanden, die verhängten Strafen somit nahezu unverändert blieben.

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