Mindestharmonisierung
Die Entwicklung einer Rechtssetzungstechnik im Europarecht

Promotionsprojekt

Ziel meiner Arbeit ist es, die Gründe für die Etablierung der Mindestharmonisierung als einer Technik der Rechtsangleichung durch Richtlinien in der EU zu untersuchen. Mindestharmonisierung bedeutet die Festsetzung eines gemeinsamen Mindeststandards, von dem die Mitgliedsstaaten abweichen können, um strengere Anforderungen festzusetzen. Sie ermöglicht Fortschritte für die Rechtsentwicklung und trägt nationalen Besonderheiten Rechnung, lässt aber gleichzeitig das Fortbestehen von Hindernissen im gemeinsamen Markt zu.

Die Techniken der Rechtsangleichung veränderten sich erheblich während der Entwicklung der Gemeinschaft. Nach gängiger Darstellung verabschiedeten Kommission und Rat in der Phase nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge zunächst sehr detaillierte Richtlinien. Eine flexiblere Methode wurde nötig, als die Gemeinschaft in den 1970er Jahren geographisch wuchs und ihre Rechtsetzungsaktivitäten auf neue Rechtsgebiete, wie den Umwelt- oder Verbraucherschutz, ausdehnte. Gleichwohl finden sich schon in der Frühphase europäischer Integration Überlegungen und Beispiele einer Rechtsangleichung mittels Mindeststandards. In meiner Arbeit zeichne ich diese frühen Entwicklungsschritte nach und zeige, dass die Mindestharmonisierung von Beginn der europäischen Integration an Teil des sich entwickelnden „Kanons“ der Harmonisierungsmethoden war. Dabei gehe ich auch der Frage nach, ob und inwieweit diese Technik von ähnlichen Instrumenten des internationalen Rechts angestoßen wurde.

Durch das Studium der Entstehung von Richtlinienentwürfen in der Kommission und ihrer Diskussion im Rat untersuche ich, warum Klauseln eingefügt wurden, die strengere Gesetze der Mitgliedstaaten zuließen. Auf diesem Weg möchte ich Licht auf die Frage werfen, in welchem Umfang die Entwicklung der Rechtsangleichung durch integrationsgeschichtliche Ereignisse, wie die Krise des „leeren Stuhls“ von 1965-66, oder Entscheidungen des EuGHs, wie das Cassis de Dijon-Urteil von 1979, beeinflusst wurde und welche politischen Ziele die Kommission mit der Rechtsangleichung verfolgte.

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