Ringvorlesung, Dagmar Schäfer: Das ethische Produkt, oder wie man Moral in Material übersetzt. Regeln für Herrscher von Qiu Jun (1421-1495)

Ringvorlesung

  • Datum: 16.12.2014
  • Uhrzeit: 18:00 c.t.
  • Vortragende(r): Prof. Dagmar Schäfer
  • Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (Berlin)
  • Ort: Campus Westend der Goethe-Universität, Frankfurt am Main
  • Raum: Hörsaalzentrum HZ 10
  • Gastgeber: Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in besonderer Zusammenarbeit mit dem Partner des Exzellenzclusters, dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte

Wie organisiert ein Staat handwerkliche Produktion? Eine klassische Antwort darauf gibt Qiu Jun im China des 15. Jahrhunderts: durch die Festlegung von Riten und die Kontrolle von Sitten und Gebräuchen. Dieser Beitrag diskutiert Qiu Juns Ideen zur Organisation von Staat und Handwerk und erläutert den Einfluss, den das diskursive Zusammenspiel von Ritus und Arbeitswelt auf technische und normative Vorgaben hatte. Nicht Gesetze oder technisches Regelwerk bestimmten das Verhältnis zwischen Staat, Gelehrtestem und Handwerk, sondern elementare Fragen nach Verantwortlichkeiten — wer weiß und wer handelt? Quelle der Untersuchung ist Qiu Juns Hauptwerk, die Erläuterungen zum großen Lernen, ein Regierungskompendium verfasst als Ratgeber für den Kaiser. Während des 15. Jahrhunderts wird Qiu Juns Werk aufgrund seines pragmatischen Ansatzes zum kritischen Referenzpunkt der Wang Yangming Schule des intuitiven Lernens. Ende des 16. Jahrhunderts findet Qiu Juns Werk auch Eingang in Diskurse zur „Erörterung der Dinge und Handhabung der Angelegenheiten“ (gezhi bowu), die Jesuiten in enger Verbindung zur europäischen Tradition der scientia sahen.

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