Der „gender pay gap” in Italien: Eine Geschichte der Umsetzung von EU-Recht.

Promotionsprojekt

Dieses Forschungsprojekt befasst sich mit der Umsetzung der EU-Richtlinien zur Lohngleichheit in Italien. Obwohl Italien alle EU-Richtlinien umgesetzt hat, ist das geschlechtsspezifische Lohngefälle (engl. „gender pay gap”) immer noch weit verbreitet, insbesondere im privaten Sektor. Dies ist umso erstaunlicher, als dass Italien den Grundsatz der Lohngleichheit bereits vor der Verabschiedung der europäischen Rechtsvorschriften eingeführt hatte. In Artikel 37 der Verfassung von 1948 wurde das Recht auf gleiches Entgelt für gleiche Arbeit für Frauen und Männer festgelegt.

Während sich die aktuelle Literatur hauptsächlich auf die wirtschaftlichen Aspekte des geschlechtsspezifischen Lohngefälles konzentriert, zielt diese Untersuchung darauf ab, die Rolle der gesetzlichen Bestimmungen und des historischen Kontextes in Italien als EU-Mitgliedstaat zu verstehen. Sie untersucht den soziokulturellen und rechtlichen Hintergrund des Entwurfsprozesses von Artikel 37, um die politischen Akteure und die Beweggründe für die im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten frühe Einführung der Rechtsvorschriften zur Lohngleichheit zu ermitteln. In einem zweiten Schritt werden die erste Rechtsprechung zur Anwendung des Grundsatzes sowie die nachfolgenden Gesetze in den 1950er und 1960er Jahren bis zur Umsetzung der ersten EWG-Richtlinie (Richtlinie 75/117/EWG zur Lohngleichheit) analysiert. 

Das Hauptziel des Projektes besteht darin, zu verstehen, wie die Umsetzung der ersten europäischen Richtlinien in einem nationalen Kontext funktionierte, in dem es bereits eine umfassende Gesetzgebung zur Frage der Lohngleichheit gab. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die direkt an der Umsetzung beteiligten nationalen Gesetze gelegt, wie beispielsweise familienrechtliche und steuerrechtliche Bestimmungen. Aus der Forschungsliteratur geht hervor, dass diese beiden Bereiche einen erheblichen Einfluss auf das Lohngefälle haben und häufig die vollständige Umsetzung der europäischen Richtlinien behindern. 

Durch einen Überblick über die Gesetzgebung zur Lohngleichheit in Italien von der Verfassung von 1948 bis zu den jüngsten EU-Richtlinien werden in dieser Untersuchung die rechtlichen und historischen Gründe für das Fortbestehen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles in Italien ermittelt.

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