Schwerpunkt Jurist*innenbiographien im Journal for Legal History

23. Juli 2020

Wissenschaftliche Forschungen zur biographischen Dimension von Recht gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die jüngste Ausgabe des Journal of Legal History folgt diesem Trend und widmet sich den Biographien von Juristen und Rechtsgelehrten im viktorianischen Zeitalter und der Zeit der Regentschaft Eduards VIII. Der Band geht über die zumeist übliche hagiographische Rahmung von Jurist*innenbiographien hinaus und entwickelt einen explizit methodisch-analytisch orientieren Ansatz.
Die Herausgeber*innen bieten mit ihrer Einleitung einen kritischen und aufschlussreichen Überblick über den spezifischen Forschungstand und das Forschungsfeld im Ganzen. Die darauffolgenden vier Beiträge nehmen die Diskussion auf und geben wichtige Forschungsimpulse. Sie gehen zurück auf einen 2019 gemeinsam mit dem King’s College London am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt durchgeführten Workshop. Sie werden ergänzt durch eine Reihe ausgewählter Rezensionen zu einschlägigen Veröffentlichungen zur rechtswissenschaftlichen Biographieforschung in den Rechtswissenschaften.

Am Institut werden gegenwärtig mehrere Projekte mit einem dezidiert biographiegeschichtlichem Ansatz durchgeführt, die für die Leser*innen der aktuellen Ausgabe des Journals for Legal History von besonderem Interesse sein dürften. Sie verdeutlichen die unterschiedlichen Formen und Schwerpunkte des Genres der Jurist*innenbiographie, die sich entsprechend des jeweiligen zeitlichen wie rechtlichen Kontexts ändern, insbesondere wenn der Blick um die transnationale Perspektive erweitert wird. Die noch junge Rechtsgeschichte der Europäischen Union kann sich beispielsweise nicht auf die Biographien von Jurist*innen und Rechtswissenschaftler*innen beschränken, ohne auch das Leben der leitenden Beamt*innen in der Europäischen Kommission zu berücksichtigen. Dieser Aspekt wird in einem demnächst erscheinenden Band über Schlüsselbiographien in der Rechtsgeschichte der Europäischen Union beleuchtet, der von Philip Bajon und Stefan Vogenauer herausgegeben wird. Auch die Legal history of Empires muss den Verbindungen und gegenseitigen Einflussnahmen Rechnung tragen, die sich aus der Zirkulation von Anwälten und Beamten in den verschiedenen Kolonien ergaben. Solche und weitere Fragen stehen im Zentrum eines weiteren, von Victoria Barnes, Emily Whewell und Stefan Vogenauer organisierten Workshops zur "Kolonialen Rechtsbiographie" (Colonial Legal Biography), der aufgrund von COVID 19 verschoben werden musste und im April 2021 stattfinden soll.

 

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