Zwischen Moral und Handelsgeist.
Weibliche Handlungsräume und Geschlechterbeziehungen im Spiegel des hamburgischen Stadtrechts vom 13. bis zum 16. Jahrhundert

Roswitha Rogge

Ius Commune Sonderheft 109
Frankfurt am Main: Klostermann 1998. XI, 281 S., 16 Tafeln

ISSN: 0175-6532
ISBN: 3-465-02749-3


Die zwischen "Rechtshistorie, Geschlechtergeschichte und Regionalstudien" angesiedelte Arbeit möchte zur Reflektion von "Recht, Geschlecht und Gesellschaft in der Geschichte" anregen. Das Recht ist keine "geschlechtsneutrale" Instanz, sondern es hat zu allen Zeiten die Verhältnisse und das Verhalten von Frauen und Männern geprägt. Im Rechtsleben einer Gesellschaft zeigen sich Vorstellungen und Konflikte bezüglich der Verteilung von geschlechtsspezifischen Rollen und Einflußbereichen; die materielle und symbolische Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern spiegelt wiederum politische Interessen und soziale Hierarchien wider.

Die Autorin untersucht am Beispiel von Norm und Praxis des hamburgischen Stadtrechts "Frauenrechte und Frauenbesitz bei der Eheschließung", "Frauenbesitz und Geschlechterbeziehungen in der Ehe" und "Frauen und nichteheliche Sexualbeziehungen" zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert. Das Stadtrecht dokumentiert die verschiedenen Konfliktlagen zwischen den (zukünftigen) weiblichen und männlichen Familienangehörigen, die sich bei der Heirat ergeben konnten (Kap. I). In der Ehe symbolisierten die Verfügungsrechte von Frauen (und ihren Männern) über die materiellen Besitzstände die Macht- und Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern. Bei der Definition der Rollen von Frauen und Männern in der Ehe wurden auch gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen geäußert (Kap. II). In den unterschiedlichen Einschätzungen der nichtehelichen Sexualbeziehungen von Männern und Frauen zeigt sich die sexuelle Hierarchie zwischen den Geschlechtern. Ebenso wie die materiellen und moralischen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen sind ihre sexuellen Rechte als Ausdruck der gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse in der Stadt anzusehen (Kap. III). Die stolze "Kaufmannsrepublik" Hamburg gründete ihren Machtzuwachs in jener Zeit nicht unwesentlich auf die Einschränkung der ökonomischen und sexualmoralischen Handlungsräume der Stadtbewohnerinnen.

Abschließend wird die Bedeutung der Epochengrenze zwischen Mittelalter und Neuzeit im Hinblick auf den von der Frauen- und Geschlechterforschung konstatierten "Wandel der Geschlechterbeziehungen im 16. Jahrhundert" diskutiert, und es werden "Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsgeschichte für Frauen" erörtert.

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