Zeitschrift Rechtsgeschichte – Legal History Ausgabe 25 erschienen

Die neueste Ausgabe unserer Institutszeitschrift ist soeben erschienen und ab sofort online im Open Access sowie als Printausgabe erhältlich.

4. September 2017

Rg 25 widmet sich dem Thema »Multinormativität«, einem der vier Forschungsschwerpunkte unseres Instituts.

Die Einleitung zum Themenfokus »Multinormativität« gibt Aufschluss darüber, was »Multinormativität« meint und worin der Unterschied zum »Rechtspluralismus« liegt. Die folgenden Beiträge fragen nach Konstellationen und Modalitäten von Rechtsvielfalt, nach Interaktionskonstellationen in und normativen Ebenen hinter der juridischen Praxis. Das Panorama reicht vom »collaborative legal pluralism« geistlicher, weltlicher und moraltheologischer Normativität im 16. Jahrhundert über die Differentienliteratur und das ius commune des 17. und 18. Jahrhunderts zu gelehrten Praktiken und der Normierung guter gelehrter Praxis im gleichen Zeitraum. Ehrengerichte des 19. und 20. Jahrhunderts werden als Trefforte unterschiedlicher normativer Rationalitäten präsentiert, die endogene Pluralisierung der Normenordnung durch eine konsequentere Demokratisierung der Normerzeugung in der Gegenwart herausgearbeitet, die normative Aufladung transnationalen Rechts seit den 70er Jahren am Beispiel der OECD Guidelines for Multinational Enterprises und ihre Interaktion mit staatlichem nationalem oder zwischenstaatlichem Recht demonstriert. Zwei Autoren beschäftigen sich mit der Symbiose legaler und illegaler normativer Ordnungen im Bereich der Sicherheitsgewährleistung, ein Beitrag führt in die Rechtsästhetik und analysiert die Koppelung von Werturteilen ästhetischer und moralischer Art, blickt also weit unter die Oberfläche normativen Denkens und Handelns. Zwei Aufsätze widmen sich der Beobachtung des Sprechens über Rechtsvielfalt.

Der zweite Fokus ist aus einem Forschungsvorhaben am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung hervorgegangen und untersucht »Criminal Law and Emotions«: Nach einer Einführung in die Thematik erkundet der erste Beitrag die emotionalen Dynamiken von Rechtsverhandlungen in europäischen Rechtskulturen vom 15. zum 18. Jahrhundert, gefolgt von einem Aufsatz mit dem Titel »Legal Insanity: Towards an Understanding of Free Will Through Feeling in Modern Europe«. Hinüber ins 20. Jahrhundert leitet der dritte Beitrag, »Beyond Dispassion«, der die Veränderung emotionaler Normen für Richter im revolutionären Russland analysiert. Die Rubrik schießt mit einer Untersuchung des »Rhetorical Engineering of Emotions in the Courtroom«, die den Einfluss emotionaler Normen auf die Leistung der Anwälte im Gerichtssaal im modernen Frankreich behandelt.

Die Rubrik »Recherche«, die die Ausgabe eröffnet, beginnt mit der großen Frage nach Recht und Zeit und Rechtsgeschichte. Andreas Thier stellt sich ihr. Mit ausgewählten präzisen Schlaglichtern auf rechtshistorische Klassiker wie die potestas legislatoria, den Amtsbegriff, Ewigkeitsklausel, Wissensordnungssysteme, Naturrecht, Verjährung und Fiktion, damnatio memoriae oder periculum und periculum in mora veranschaulicht er die vielfältigen Verwicklungen von Recht und Zeit zwischen Frühmittelalter und Moderne. Als zweiten Recherchebeitrag drucken wir wieder einen ausführlichen Beitrag zur Zeitgeschichte der Rechtswissenschaft in der Berliner Republik ab. Jan Thiessen hat sich für das Institutsprojekt »Rechtswissenschaft in der Berliner Republik« so ausführlich mit der Geschichte des Handels- und Gesellschaftsrechts – in der Sprache der Berliner Republik: des Unternehmensrechts – beschäftigt, dass wir uns entschlossen haben, dieses Stück radikaler Zeitgeschichte zu veröffentlichen.

Der Rezensionsteil schließlich rundet die Ausgabe ab und auch in ihm liegt ein besonderer Schwerpunkt auf solchen Arbeiten, die sich historischen Formen von Vielfalt des Normativen annehmen. Wie immer sind wir den Rezensenten sehr dankbar, dass sie so viele Publikationen wie möglich in einer anderen Sprache besprochen haben, als der, in der sie verfasst wurden. Wie diese Ausgabe zeigt, ist Mehrsprachigkeit für uns Prinzip und Realität.

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